Es gibt eine Stelle, wo mir die alte Lutherübersetzung besser gefällt als die Revision, weil ich sie für richtig halte. Es betrifft Lukas 17, 20+21 (eigene Übersetzung): (20)Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es nach äußeren Zeichen erkennen kann. (21)Auch wird man nicht sagen: Siehe, hier oder dort ist es. Denn siehe, das Reich Gottes ist inwendig in euch (ἰδοὺ γὰρ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν). Beim letzten Versteil bin ich mit dem alten Luther konform, während die neue Revision statt „inwendig in euch“ „mitten unter euch“ enthält. Das ist sprachlich möglich. Genauso richtig ist, dass Jesus hier den Pharisäern eine Antwort gab, die ohnehin das Reich Gottes nicht in sich aufnehmen wollten. Warum ich dennoch „inwendig in euch“ für richtig halte, begründe ich jetzt:
Das griechische Wort, das mit „inwendig in“ bzw. „mitten unter“ übersetzt wird, ist recht selten. Im NT findet es sich nur noch in Mt. 23,26: Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers (τὸ ἐντὸς τοῦ ποτηρίου ), damit auch das Äußere rein wird! Alle 8 Stellen, in denen das Wort in der LXX gebraucht wird, möchte ich nicht anführen, sondern gebe nur Ps. 103,1 (=102,1 LXX) nach eigener Übersetzung der LXX an: Dem David (zugehörig). Lobe, meine Seele, den Herrn und alles, was in meinem Inneren ist (πάντα τὰ ἐντός μου, τὸ ὄνομα τὸ ἅγιον αὐτοῦ), seinen heiligen Namen.
Sprachlich sind - wie bereits gesagt - beide Übersetzungen möglich, aber wenn Lukas „mitten unter“ hätte ausdrücken wollen, hätte er wohl das gewöhnliche Wort für „in“ benutzt. So steht schon im allerersten Vers des Evangeliums nach Lukas: (1)Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns (ἐν ἡμῖν πραγμάτων) geschehen sind, … („Unter“ wird hier gebraucht als Übersetzung für das griechisches Wort, das an vielen anderen Stellen mit „in“ wiedergegeben ist.)
In Vers 21 ist zwischen „ mitten unter euch“ und „hier oder dort“ kein Widerspruch feststellbar, denn „mitten unter euch“ ist ja gerade „hier“. Der heilige Geist wirkt im Innern des Menschen, er verändert das Innere. Das kann man „hier oder dort“ eben nicht sehen; ein Widerspruch liegt klar vor.
An einer anderen Stelle missfällt mir eine Übersetzung Luthers, die ich in diesem Zusammenhang erwähnen möchte. Die Übersetzung von Galater 3,5: „Der euch nun den Geist darreicht und tut solche Taten unter euch…“. Das ist zwar sprachlich möglich, aber ich übersetze mit gleichem Recht: „Der euch nun den Geist darreicht und wirkt solche Kräfte in euch…(ὁ οὖν ἐπιχορηγῶν ὑμῖν τὸ πνεῦμα καὶ ἐνεργῶν δυνάμεις ἐν ὑμῖν)“. Der Geist will nicht nach außen hin beeindrucken; er will keine Show abziehen vor fremden Personen, wo er seine Taten oder Kräfte demonstrieren kann. Er wächst in den Menschen selbst und setzt Kräfte frei, wie sie in der Situation gebraucht werden.
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