Entstehung einer deutschen Bibel

Als Quellen für diesen Überblick wurden genutzt:

Volz, Hans: Martin Luthers deutsche Bibel, Hamburg 1978.

ders.: Hg., D. Martin Luther, Biblia..., Wittenberg 1545, im Anhang zu Band III, München 1974.

Luthers Bibelübersetzung war nicht die erste deutsche Übersetzung.

Die Anfänge mittelalterlicher deutschen Bibelübersetzungen fallen mit den Christianisierungsbemühungen Karls des Großen (markantes Datum: Kaiserkrönung 800) zusammen. Es waren keine Übersetzungen aus dem Urtext, sondern von der Vulgata, der lateinischen Bibel. Es wurden auch nur Bibelteile, insbesondere Psalter und Evangelien, übersetzt.

Luther schuf auch nicht die erste, gedruckte Bibel, wenn auch erst wenige Jahrzehnte vorher - nämlich 1455 - Gutenberg seine Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern mit seiner berühmten 42-zeiligen lateinischen Bibel („Gutenberg-Bibel“) gekrönt hatte. Zwischen 1466 und 1522 erschienen 18 gedruckte, deutsche Bibeln, 14 in Oberdeutsch und 4 in Niederdeutsch.

 Oberdeutsche Bibeldrucke:

1. 1466 von Johann Mentelin, Straßburg. Mentelin war ein ehemaliger Mitarbeiter Gutenbergs, der keine neue Übersetzung in Auftrag gab, sondern einen rund 100 Jahre alten Text eines anonymen Übersetzers abdruckte, der wirklich keine Meisterleistung war, sondern mangelhafte Lateinkenntnisse mit einer sklavischen Bindung an die Textvorlage kombinierte.

2. Um 1470 von Heinrich Eggestein, Straßburg.

3. Um 1475 von Günther Zainer, Augsburg. Diese Bibel gilt heute als erste illustrierte Bibel. Sein Hauptverdienst ist aber, dass er den Text der Mentelin-Ausgabe korrigierte und veraltete Worte ersetzte.

4. Um 1475 von Jodokus Pflanzmann, Augsburg.

5. 1477 wieder Zainer.

6. Zwischen 1476 und 1478 von Johann Sensenschmidt, Nürnberg.

7. 1477 von Anton Sorg, Augsburg.

8. 1480 wieder Sorg.

9. 1485 von Anton Koberger, Nürnberg.

10. 1485 von Johann Gröninger, Straßburg.

11. 1487 von Johann Schönsperger, Augsburg.

12. 1480 wieder Schönsperger.

13. 1507 von Hans Otmar, Augsburg.

14. 1518 von Silvan Otmar, Augsburg, der letzte vorlutherische Bibeldruck in Oberdeutschem Text.

 Niederdeutsche Bibeldrucke:

1. und 2. 1478/9 die Kölner Bibel in einer niederrheinischen und einer

niedersächsischen Textfassung.

3. 1494 die Lübecker Bibel.

4.1522 die Halberstädter Bibel.

Die vier niederdeutschen Bibeln haben keine einheitliche Textgestalt und entstanden anonym.

Die Bibel war trotz dem Bibeldruck schon aus Kostengründen kein Volksbuch geworden.

Luther begann seine Bibelübersetzung im Dezember 1521 im Alter von 38 Jahren. Er war dazu befähigt, denn er hatte eine fundierte Bibelkenntnis durch intensives Vulgatastudium (lateinische Bibel), war ein ausgezeichneter „textualis und localis“ (das bedeutet, er beherrschte den Text und konnte Bibelstellen auffinden) und er erwarb eine gründliche Kenntnis der „heiligen Sprachen“: 

Griechischgrundkenntnisse vermittelte ihm sein Ordensbruder - Luther war Augustinermönch – Johann Lang. Eine systematische Sprachaneignung geschah ab 1518, als Melanchthon als Griechischprofessor nach Wittenberg berufen wurde. Als Grundlage für seine Übersetzung des NT diente Luther in erster Linie das „Novum Instrumentum omne“, das 1519 in zweiter Auflage erschienen war. Der Humanist Erasmus von Rotterdam hatte es herausgegeben und außerdem eine lateinische Übersetzung angefertigt, die neben seinen „Annotationes“ (=Anmerkungen) von Luther verwertet wurde. Schließlich gebrauchte Luther den vertrauten Vulgatatext in Zweifelsfällen.

Auf der Wartburg übersetzte Luther in nur 11 Wochen (!) – von Dezember 1521 bis Februar 1522 – das ganze NT. Es erschien erstmals zur Leipziger Herbstmesse („Septembertestament“). Die Nachfrage war so riesig, dass bereits einige Monate später ein „Dezembertestament“ folgen konnte. 

Erste Hebräischstudien begann er 1506, als Rechlins Werk „De Rudimentis hebraicis“ (Kombination von Grammatik und Wörterbuch) erschienen war. Doch nur für die „Bußpsalmen“ benutzte er regelmäßig den Grundtext, seit er Reuchlins kommentierte und mit einer lateinischen Übersetzung versehene Ausgabe besaß. Seit wann Luther ein vollständiges hebräisches AT besaß, lässt sich nicht mehr feststellen. Zwei Exemplare befanden sich in seinem persönlichen Besitz. Eine hebräische Bibel mit Randglossen Luthers ist heute noch erhalten. 

Daneben benutzte er eine „große hebräische Bibel“, womit eine der beiden Rabbinerbibeln gemeint sein dürfte, die in Venedig gedruckt wurden (entweder die Ausgabe von Felix Pratensis 1516/7, oder die Edition von Jakob ben Chajim 1524/5. „Rabbinerbibeln“ werden die Drucke genannt, die neben dem hebräischen Text des AT auch die aramäische Übersetzung („Targum“), die Masora (sprachliche Anmerkungen, die bestimmte Wendungen auflisten) und rabbinische Kommentare (von Raschi u.a.) enthalten.

Für seine AT-Übersetzung brauchte Luther volle 12 Jahre (1522-1534).

Den altvertrauten Vulgatatext zog er immer wieder heran, weshalb sich in einigen Fällen nicht sagen lässt, ob er wirklich den hebräischen Text oder eher den lateinischen übersetzt hat. 75% des AT wurden recht zügig veröffentlicht, obwohl insbesondere Hiob sprachliche Probleme bereitete. 1524 waren nur noch die Propheten unübersetzt. Doch die erste vollständige Lutherbibel erschien erst 1534. Besonders berühmt geworden ist die letzte vollständige Bibelausgabe aus Luthers Hand (Wittenberg 1545).

Durch die Sprachkunst Luthers gehört seine Bibel zur Weltliteratur. Er hat „dem Volk auf’s Maul geschaut“. Manche Wendungen sind sprichwörtlich geworden: „sein Licht unter den Scheffel stellen“(Mt. 5,15), „seine Hände in Unschuld waschen“(Ps. 26,6), „ein Herz und eine Seele“(Apg. 4,32), „sein Herz ausschütten“(1. Sam. 1,15), „im Dunkeln tappen“(5. Mose 28,29), „zum Fallstrick werden“(Lukas 21,35), „ein Buch mit 7 Siegeln“(Offenbarung 5,1), „auf den Händen tragen“(Psalm 91,12) sind wohl allen bekannt. Manche wissen nicht einmal mehr, dass sie die Bibel zitieren.

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Aktuelle Revision

Während das AT bereits seit 1964 in der Revision vorliegt, wurde das NT drei Revisionen unterzogen. Die erste erfolgte 1956, die zweite 1975. Diese zweite Revision wurde wegen sprachlicher Neuerungen nicht allgemein akzeptiert - z. B. die Redensart „sein Licht unter den Scheffel stellen“ in Mt. 5,15 wurde zerstört, indem aus dem „Scheffel“ ein „Eimer“ gemacht wurde. Es erfolgte 1984 eine dritte Revision, die sich wieder stärker hin zur ersten Revision bewegte. 1984 war also eine Kompromisslösung, während das AT seit 1964 nur den neuen Sprachregeln angepasst wurde. Die Revision der Apokryphen erfolgte 1970.

1998 wurde das NT nach der Lutherbibel 1912 überarbeitet, aber es war wohl die Absicht, den „Textus Receptus“ als angeblichen „reformatorischen Grundtext“ am Leben zu erhalten. Es ist keine „offizielle“ Bearbeitung. Sie ist genauso überzeugend, wie wenn ein Pilot um die Erde fliegt und seinen Kurs nach der Erdrundung berechnet, aber aus religiösen Gründen behauptet, die Erde sei eine Scheibe. Das Christentum wird durch solche Aktivitäten lächerlich gemacht. Es hat absolut nichts mit wirklichen Glauben zu tun. Wie schön ist es, nicht mehr auf den schlechten, byzantinischen Reichstext angewiesen zu sein. Wer unbedingt Rückschritte machen muss, soll es tun. Ich jedenfalls verweigere mich dafür.

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